Assessments in der Geriatrie: Sonstige Performancetests
Kurzbeschreibung - Performancetest zur Bestimmung der Handkraft, wobei dieser eine positive Korrelation mit der Gesamtkörperkraft und eine negative Korrelation mit Sturz- und Frakturrisiko sowie Gesamtmortalität zugeschrieben wird.
Durchführung - standardisierte Messung der Handkraft mittels Hand-Dynamometer in sitzender Position beidseits. In der Regel erfolgen pro Hand mehrere Messungen (z.B. 2-3) von denen entweder der Mittelwert oder der Maximalwert in die Interpretation einfließen. Letzter Wert ist weniger anfällig für das Auftreten verzerrter Messergebnisse.
Interpretation - Mittlerweile stehen für Deutschland eigene Referenzwerte differenziert nach Alter, Geschlecht und ggf. auch nach Körpergröße mit statistischen Schwellenwerten für höhere Gesundheitsrisiken (z.B. Mortalität) zur Verfügung (vgl. z.B. Steiber 2016, Huemer et al. 2023). Die Messwerte werden dabei i.d.R. in der Einheit kg angegeben. Ältere, geeichte Dynamometer können weiter verwendet werden und Ergebnisse nach Umrechnung aus den Einheiten kPa, kp, Newton, mmHG, kg interpretiert werden.
Normative Referenzwerte für Handkraft deutscher Männer und Frauen (Quelle: Steiber 2016)
Zeitbedarf - bei guter Kooperation 3 bis 5 Minuten
Vorzüge - leicht durchführbar, delegierbar
Einschränkungen - Hand-Dynamometer erforderlich, mehrere Messungen können die relativ hohe intraindividuelle Streubreite von Messwerten berücksichtigen
Erstveröffentlichung
- Philipps P. Grip strenght, mental performance and nutritional status as indicators of mortality risk among female geriatric patients. Age Ageing 1986;15:53-56.
Veröffentlichungen zu Referenzwerten für Deutschland
- Steiber N. Strong or Weak Handgrip? Normative Reference Values for the German Population across the Life Course Stratified by Sex, Age, and Body Height. PLoS One 2016;11(10):e0163917. doi: 10.1371/journal.pone.0163917.
- Huemer M.-T. et al. Grip strength values and cut-off points based on over 200,000 adults of the German National Cohort - a comparison to the EWGSOP2 cut-off points. Age Ageing 2023;52(1-10):afac324. doi: 10.1093/ageing/afac324. (älteste Referenzgruppe: 70-74 Jahre bei Frauen und 70-75 Jahre bei Männern)
Kurzbeschreibung - Performance-Test zur seitenunabhängigen Bewertung der Feinmotorik der oberen Extremität. Für beide Seiten separat wird die benötigte Zeit gemessen, um zwanzig 1-Cent-Münzen von einer Arbeitsfläche aufzuheben und in ein Gefäß zu legen.
Durchführung - Zwanzig 1-Cent-Münzen werden mit einem Mindestabstand von etwa einem Münzdurchmesser auf einer Arbeitsfläche ausgelegt. Jeweils nacheinander mit der rechten und der linken Hand müssen möglichst alle Münzen so schnell wie möglich aufgenommen und in ein Gefäß (in der Validierungsstudie leere Cremedose mit 9,3 cm Durchmesser und 2,3 cm Höhe) gelegt werden. Die benötigte Zeit wird für die Körperseiten getrennt bestimmt. Spätestens nach 50 Sekunden wird der Test für die jeweilige Seite beendet und die im Gefäß liegenden Münzen ausgezählt.
Interpretation
- 20 Cent in < 30 Sekunden: keine Hinweise auf Störung der Feinmotorik
- 20 Cent in > 40 Sekunden: Verdacht auf eine alltagsrelevante Störung der Feinmotorik
- 20 Cent in > 50 Sekunden: weitgehende gesicherte alltagsrelevante Störung der Feinmotorik
Zeitbedarf - gering, unter 10 Minuten
Vorzüge - einfacher Test, leicht verständlich, geeignet zur Verlaufsbeobachtung, hohe Testgüteeigenschaften bei Validierung einer geriatrischen Stichprobe in einem stationären, teilstationären und ambulanten Setting. Geringerer Einfluss von Visusminderung und eingeschränkter Kognition auf das Testergebnis im Gegensatz zum Geldzähltest nach Nikolaus.
Einschränkungen - Ergebnisse können durch Visusminderung und schwere Kognitionsstörung beeinflusst werden. Konkrete alltagsbezogene Störungen können nicht direkt aus dem Testergebnis abgeleitet werden.
Erstveröffentlichung
- Krupp S, Kasper J, Balck F et al. (2015) "Timed up and go" für die Finger in Form des 20-Cents-Tests: Psychometrische Gütekriterien eines einfachen Feinmotorik-Performance-Tests. Z Gerontol. Geriatr 48:121-127. doi:10.1007/s00391-014-0854-z